Ich bin gerade wieder von meiner Tour zurück gekommen und sitze hier, noch halb in Wander-klamotten, in Vorarlberg in einem Café und schreibe diesen Beitrag. Was soll ich nur sagen? Es war so unglaublich schön, so dass ich es kaum in Worte fassen kann. Und nein, dies ist kein klassischer Reisebericht, das wäre mir zu langweilig, sondern ich nehme dich auch mit auf meine Reise und berichte dir, was ich wieder alles erleben durfte und was das Leben noch so alles überraschend herbei gezaubert hat. Oft sind es nämlich genau diese unvorhergesehenen Dinge, die eine Reise erst zum Abenteuer machen und dich mit einem Gefühl der absoluten Bereicherung zurück lassen. Ich erzähle dir auch von Gérhard aus Kapstadt, von zwei Begegnungen aus München und dem Wettergott, der (fast) die ganze Zeit auf meiner Seite war.
Alles hat angefangen mit der Idee: Ich will unbedingt wieder nach Vorarlberg. Ich will in die Berge eintauchen, ich will Fotografieren und es mir einfach gut gehen lassen. Tun, was mir gut tut. Seit ich einmal vor ein paar Jahren da war, zieht es mich immer wieder zurück. Warum genau, kann ich nicht erklären. Es fühlt sich einfach nur gut an. Kaum ein Ort hat mich so berührt und inspiriert wie Vorarlberg. Mein Plan war, wieder auf einen Campingplatz zu gehen und von dort aus jeden Tag meine Wanderungen zu starten. Aber leider war alles ausgebucht. "Zu kurzfristig" zählt bei mir nicht, wie du später noch sehen wirst. Denn ich erlebe es immer wieder, dass auch wenn Dinge ausgebucht sind, ich dort auf erstaunliche Art und Weise einen Platz bekomme. Es sollte diesmal einfach nicht sein. Ich habe mich so an eine Hütte erinnert, auf die ich im Winter mal meine "Skitourenboots-Einlauf-Tour" starten wollte. Aufgrund von mangelndem Schnee wurde das aber leider nichts. Aber gut, dann schaue ich mir das einfach mal im Sommer an, war mein Gedanke. Aber auch auf der Hütte war alles ausgebucht - war ja klar. Umso länger ich die ausgebuchten Betten auf der Homepage anstarrte, umso sicherer wurde ich mir, dass ich da nun hin will und das auch schaffen werde. Wie wusste ich nicht. Und dann wurde nach einiger Zeit durch ein Wunder doch wieder was frei. Sicherlich aufgrund der schlechten Wetterprognose. Bett war gebucht, es kann los gehen.
Ich bin auf den Wanderparkplatz Latschau gefahren, um von dort aus meine Tour zu starten. Es sollte ca. 2,5 h und 800 Höhenmeter zur Hütte hochgehen. Eine gute Strecke für meinen ersten Hüttentest. Ich wollte unbedingt mal ausprobieren, wie es ist mit einem schweren Rucksack zu wandern, wo es zwickt, was ich brauche und was nicht und wie es auf einer Hütte abläuft. Ich war etwas nervös wegen dem Wetter, denn die Prognose war Gewitter. Laut App sollte ich es vor dem Regen noch schaffen, wenn ich mich beeile. Ich bin dann zügig hoch, immer mit prüfendem Blick in den Himmel. Aber es war alles gut, die Sonne hat geschienen und die Wolken sahen noch nicht gefährlich aus. Eine schöne Tour, breiter Weg, gut für Familien. Das letzte Stück war noch etwas steiler und anstrengender.
Und an dieser Stelle möchte ich mich mal zum "allein" wandern und reisen äußern. Wieviele Menschen schauen mich mitleidig und etwas irritiert an, wenn ich ihnen freudig erzähle, dass ich viel alleine unterwegs bin und es liebe. Als wenn es mein Schicksal wäre, nur alleine wandern zu können und sie mir meine Freude daran garnicht glauben können. Dabei ist das eine bewusste Entscheidung, die so viel Freiheit und Lebensfluss mit sich bringt, die anscheinend nicht viele erlebt haben oder sich auch zutrauen selbst zu erleben. Ich bin sicher, nach dieser Erzählung, verstehst du mehr, wovon ich spreche und was daran so toll ist. Und auch diesmal hat es wieder nicht allzu lange gedauert, dann war ich nicht mehr alleine. So viel zum Plan alleine zu wandern.
Weiter oben bin ich an einer Weide angekommen und war unsicher, ob die Kühe meine Anwesenheit gut finden oder weniger. Ich bin daher parallel zum Weidezaun gelaufen, um nicht durch die Herde zu müssen, die mitten auf dem Weg stand. Dann irgendwann ist aber der Weg abgeknickt, so dass ich es unausweichlich war, doch auf die Weide zu müssen. Wie ich da so vor dem Elektrozaun stand und überlegt habe, wie ich nun meinen großen Rucksack und mich elektroschockfrei drüber oder drunter durch bringe, hat mich ein älterer Mann angesprochen, der gerade hinter mit den Weg hochgekommen ist. Nach einer Unterhaltung über die Kühe, die er nicht als gefährlich eingeschätzt hat, sind wir dann ins Gespräch gekommen. Unsere Unterhaltung hat sich dann fortgesetzt und wir sind bis kurz vor der Weggabelung vor der Hütte gemeinsam gelaufen.
Er hat mit von Vorarlberg erzählt und auch dem Dialekt, wie er zustande gekommen ist. Mich fasziniert er einfach sehr, denn es gibt dort viele Worte, die ich vorher noch nie gehört habe und die etwas ganz eigenes, besonderes haben. Und auch die Betonung der Ortsnamen ist anders wie ich es aus Österreich oder Bayern kenne. Er hat mir auch von den Habsburger erzählt, die ursprünglich aus der Schweiz gekommen sind und Vorarlberg eigentlich als "Zwischenstück", als Verbindung zwischen Österreich und der Schweiz, erworben hätten. Oben an der Weggabelung angekommen, wo er nach rechts auf eine Alpe wollte und ich links zur Hütte, hat er mir mit ausgestrecktem Arm ganz geduldig noch alle Berge gezeigt und benannt. Und er hat mir von einem Gletscher erzählt, der nun leider so weggeschmolzen ist, so dass er heute nicht mehr im Gletscherverzeichnis geführt wird. Er hat mir dann noch weitere Touren schmackhaft gemacht und mir ganz genau beschrieben, wie ich doch morgen noch meine Reise fortsetzen könnte - als wenn er sich sicher gewesen wäre, dass ich diese Infos brauchen werde. Das sind genau diese Momente, die ich so sehr liebe. Ich frage nicht einmal und das Leben präsentiert mir Lösungen, bevor ich selber weiß, dass ich überhaupt eine gesucht habe. Wir haben uns dann verabschiedet.
Auf der Lindauer Hütte angekommen habe ich erstmal mein süßes Zimmer mit rot-weiß karierter Bettwäsche, Holzbetten und den schönsten Blick auf die höchsten Berge bezogen. Ich habe mich mit dem ganzen Naturholz und schönen Badezimmer gleich wohl gefühlt. Eine moderne Hütte, eine wunderschöne Aussicht und viel Platz drum herum mit eigenem Alpengarten und Freisitzen unter Sonnenschirmen. Ich durfte mich erstmal zurecht finden und habe es mir dann auf der Terrasse gemütlich gemacht. Eins war klar: Empfang gibt es hier kaum, d.h. viel Zeit, um die Natur zu genießen. Wenn man alleine reist, kann man sich dann aber auch nicht mit einem Handy ablenken und stundenlang auf den Bildschirm starren. Ich habe verschiedene Menschen wahrgenommen: Familien mit Kindern, eine Truppe von Vorarlbergern, die wohl mit ihren Bikes hochgeradelt sind und jetzt einen Geburtstag auf der Hütte verbringen. Sie saßen dort mit ihren weißen Saunahandtüchern und haben es sich mit einem Weinglas in der Hand und lustigen Geschichten gut gehen lassen. Mir sind hier die verschiedenen Dialekte aufgefallen, alle kamen aus unterschiedlichen Gegenden in Österreich. Und dann saß da auch noch ein Mann, der irgendwie eine bestimmte Ausstrahlung hatte, wie ein inneres Leuchten. Ich konnte sie nicht deuten und habe daher beschlossen, ihn erstmal zu ignorieren. Ich hatte keine Lust auf irgendwelche Smalltalks und dann mich dann lieber umgesehen und die Umgebung erkundet. Ich bin mit meiner Kamera tief eingetaucht und habe die Pflanzen, das tolle Licht und die Berge, die immer mehr in den Wolken verschwunden sind, festgehalten. Das Wetter welches angekündigt war, ist langsam immer mehr aufgezogen und hat die Berge mehr und mehr verschwinden lassen.
Nach meiner kurzen Rundtour wollte ich dann noch den Alpengarten erkunden, den immer wieder Menschen aufgesucht haben. Ein Schild zeigt, dass er vom Deutschen Alpenverein liebevoll angelegt wurde und über die Jahre zu einer große botanische Sammlung geworden ist. Ich habe bemerkt, dass mich dieser eine Mann beobachtet hat, als ich das knarzende Holztor zum Garten geöffnet hatte und dachte mir nur "Bleib' bloß sitzen!". Es hat nicht lange gedauert und er ist mir gefolgt. War ja klar! Menschen sind so berechenbar! Einfach ignorieren, habe ich mir gesagt. Ich hatte einfach keine Lust mich zu unterhalten und war froh, in Ruhe durch die bewachsenen Steinhügel zu schlendern. Als ich gerade am Boden hockend ein paar Disteln mit Bienen fotografiert habe, stand er auf einmal ein paar Meter weg von mir und hat leise "Hallo" gesagt. Ich habe gemerkt, dass er einen respektvollen Sicherheitsabstand eingehalten hat und dabei über das ganze Gesicht gestrahlt hat. Ich muss sagen, es ist selten, dass jemand so eine positive und leuchtende Ausstrahlung hat. Er hat mich irgendwie an einen zufriedenen Buddah erinnert. Nachdem ich die Situation als ungefährlich eingeschätzt hatte, hat sich dann langsam ein Gespräch entwickelt, eins, mit dem ich nicht gerechnet hatte.
Er hat mir erzählt, dass er aus Südafrika kommt und gerade seit mehreren Monaten mit dem Zelt und Rucksack in Europa unterwegs ist. Er übernachtet meist draußen oder auf Hütten und liebt es den Sternenhimmel zu beobachten. Über 2000 m Höhe ist das wohl auch in der Schweiz erlaubt. Ich war fasziniert davon, dass er wohl keine Angst hat und so voller Glück zu sein scheint. Er kommt aus Kapstadt und führt dort sein eigenes Unternehmen, in dem er Unterkünfte ankauft und vermietet. Und wenn dort Saisonende ist, dann geht er immer für ein halbes Jahr auf Reisen. Ich kann garnicht mit Worten beschreiben, wie unglaublich bereichernd dieses Gespräch war. Mit allem was er gesagt hat, transportierte er so viel Weisheit und Wahrheit und vor allem auch Vertrauen ins Leben. Ich hatte das Gefühl, er hat einen Weg für sich gefunden, sein ganz eigenes Leben zu führen, und vor allem ein sehr glückliches Leben. Er meinte am Schluss "I think the happiest people are travellers!". Und ich habe in dem Moment genau verstanden, was er damit meinte. Es sind eben oft die kleinen Dinge, die dich glücklich machen. Man lernt auf Reisen Prioritäten zu setzen, mit wenig auszukommen und gleichzeitig die Möglichkeiten und Überraschungen des Lebens mit offenen Armen zu empfangen. Man kommt mit inspirierenden Menschen ins Gespräch und man lernt flexibel zu bleiben und an sich selbst zu glauben. Dieses Gespräch hat mir so viel Mut und auch Vertrauen ins Leben gegeben. Denn ich habe in dem Moment gemerkt, wieviel offener er dem Leben gegenüber war, als ich es gerade war. Als wenn er zu mir gekommen wäre, um mir eben diese Worte mit zu geben. Meine anfängliche Abneigung war also absolut unbegründet. Vielleicht habe ich auch unbewusst schon gespürt, dass es keine normale Unterhaltung werden würde und es Veränderung bedeutet. Wer weiß.
Ich habe dann noch einen schönen Abend auf der Terrasse verbracht, mit gutem Essen, den Fotos auf meiner Kamera und bin dann zufrieden früh ins Bett gegangen. Das ganze Zimmer hat fürchterlich nach Schweiß-Wäsche gestunken, da meine Nachbarn sie im Zimmer getrocknet haben, anstelle sie in den Trockenraum zu bringen. Danke dafür! Auch das Lüften hat nur mäßig geholfen. Aber nach so einem schönen Tag, kann man einfach nur tief und fest schlafen. Die viele Bewegung, die frische Luft, die vielen Eindrücke und auch Gespräche machen müde. Die vielen Eindrücke und Unterhaltungen von heute haben noch in mir gearbeitet. Ich bin mit dem Gefühl ins Bett gegangen, dass ich meine Pläne morgen ändern würden.
Am nächsten Morgen - in meinem Fall dank Zimmergenossen um 6:45 Uhr - bin ich Frühstücken gegangen und habe meinen Rucksack wieder gepackt. Ich habe immer wieder den Wetterbericht gecheckt, so gut es mit dem Empfang eben ging, und habe abgewägt, ob ich nun zurück zum Parkplatz gehen würde oder eben doch noch weiter - irgendwohin. Nach dem gestrigen Tag wusste ich ja dank meinem Wegbegleiter bestens über die Routen und Hütten in der Gegend Bescheid und wie ich von dort aus auch wieder an meinen Startpunkt zurückfinden würde. Ich habe gemerkt, ich möchte nicht zurück gehen, ich will weiter und habe mich dazu entschieden, es darauf ankommen zu lassen, trotz ausgebuchter Hütte. Ich werde schon einen Schlafplatz finden. Ich habe mich dann entschieden Richtung Lünersee zu wandern, da ich dort schon immer mal hin wollte. Es ist dieses Gefühl der magischen Anziehung, was mir meist wie ein Kompass dient. Es sagt mir: Geh' mal in diese Richtung, das wird gut!
Wenn man morgens die Hütte verlässt tut, man das meist zeitgleich mit einer Horde anderer Menschen, die ihre Rucksäcke packen, Schuhe binden und nach und nach um 8 Uhr rum losziehen. So gut wie alle sind von der Hütte rechts den Berg raus gelaufen, aber mein Weg sollte links abzweigen und weiter in das Tal führen. Irgendwie war ich dann doch unsicher, ob das alles richtig war. Wenn die doch alle wo anders hinlaufen, ist es dann da wo ich hin will doch nicht so schön oder ist der Weg nicht der richtige? Wie ich da so wartend stand, um noch Klarheit zu gewinnen, habe ich ein Pärchen in meinem Alter angesprochen, die zu meiner Erleichterung in meine Richtung gegangen sind. Sie haben mir bestätigt, dass der Weg der Richtige sei. Nach einer kurzen Unterhaltung meinte die Frau: "Du kannst gerne das Bett meiner Freundin haben, die wegen dem Wetter gecancelt hat. Ich habe noch nicht storniert." Und da war es wieder, dieses Gefühl, dass alles möglich ist und du nur einen Schritt in die richtige Richtung setzen musst und dann gibt dir das Leben alles was du brauchst. In meinem Fall ein Bett und etwas Sicherheit auf der Route. Ich hatte nun sozusagen meine persönliche Eskorte, die mich sicher zum Lünersee führen würden. Sehr komfortabel.
Die Route war wirklich gar kein Problem, es geht nur immer wieder länger steiler hoch, was einen ins Schwitzen bringt. Die Landschaft ist wunderschön und ich konnte mich garnicht genug satt sehen. Überall war das Spiel zwischen Wolken und Licht zu beobachten, die ständig die Landschaft verändert haben. Oft habe ich die Kamera gezückt, um ein Bild zu machen und dann hat eine Wolke sich wieder vor den Berg geschoben.Zu spät, Mist! So ging es mir ganz oft. Meine beiden Wegbegleiter haben auch eine ganz schön hohe Geschwindigkeit drauf gehabt, so dass ich mit meinen kurzen Pausen durch das Fotos machen immer Gas geben durfte, um sie wieder einzuholen. Durch die gemeinsame Zeit gibt es nun auch mal Bilder von mir, die Jan, einer der beiden, von mir gemacht hat.
Das Tal hat sich ständig verändert: grüne Berghänge, schroffe Bergspitzen, Felsen, rot gefärbt von Eisen, die sich quer durch einen Berghang ziehen, Schneefelder, ein Bergbach, viele Kühe und auch spielende und pfeifende Murmeltiere, die wir immer wieder beobachtet haben. Meine Wegbegleiterin hat es sich zum Spaß gemacht, selbst zu Pfeifen, was dazu geführt hat, dass die Murmeltiere auch gepfiffen haben, um sich gegenseitig vor uns zu warnen. Spannend waren die Wolken, die sich immer wieder hinter uns aufgetürmt haben und die Frage aufgeworfen haben, ob sie uns bald mit Regen einholen würden. Es war nämlich Gewitter angekündigt, wodurch ich ständig von einem leicht mulmigen Bauchgefühl begleitet war. Ich habe mich dann aber in meiner Entscheidung, diese Route zu nehmen, sehr bestätigt gefühlt, da alle anderen, inklusive dem Kapstädter, vermutlich schon im Regen wandern mussten. Und auch ich wäre beim geplanten Rückweg zum Parkplatz wohl voll in den Regen gekommen. Das war genau richtig so!
Nach einer weitere Etappe mit 400 Höhenmetern bergauf, haben wir dann endlich die Spitze eines Berges mit einem tollen Blick auf den Lünersee erreicht. Ich hatte das Gefühl, auf das türkisblaue Meer zu schauen, da man die graue Staumauer vor lauter Wolken nicht gesehen hat. Der Horizont schien unendlich. Um mich herum, Felder mit lila und gelben Blumen, Wollgras und der Blick auf die Alm unten am See, auf der wir einen kurzen Zwischenstopp machen wollten. Hier waren wieder mehr Menschen, vor allem die, die Tagestouren um den See herum machen. Nur wenige waren mit so einem großen Rucksack unterwegs wie wir. Es war ein gutes Gefühl, schon so ein Stück gewandert zu sein und heute so viel erlebt zu haben. Und wir waren ja noch nicht einmal am Ziel.
An der Alm angekommen, haben wir eine kurze Brotzeit gemacht, ich habe die Ziege gestreichelt, die neben mir auf meiner Bank stand und sehr penetrant an mein Käsebrot wollte. Wir wollten uns etwas erholen, bevor es nochmal steil bergauf gehen sollte. Denn die Totalphütte, die die beiden gebucht haben, lag nicht direkt am See, sondern eben nochmal ca. 1 h und 600 Höhenmeter entfernt. Meine Tour wurde so also noch länger als geplant, da ich dachte, mein Ziel wäre die Hütte am Lünersee. Eigentlich wären es nur weitere 400 Höhenmeter gewesen, aber Jan wollte die "mehr alpine" Strecke nach oben gehen, was bedeutet hat: noch steiler und länger. Ich war es noch nicht gewöhnt, mit so einem schweren Rucksack zu wandern und daher erstmal mäßig begeistert davon. Im nach hinein war ich aber richtig froh, da der Blick von dort oben so schön war und es sich eben nach einer richtigen Bergtour über Geröllfelder angeführt hat. Und es ist auch immer ein gutes Gefühl, zu bemerken, dass man mehr machen kann, als man oft meint.
Es ging dann oberhalb des Sees an den Kühen vorbei steil in Serpentinen bergauf. Oben wurde es immer felsiger und schroffer. Viel Geröll, unbefestigtere Wege und eine grandiose Aussicht auf den Lünersee! Ich habe das letzte Stück mit Blick auf die in Wolken gehüllten Gipfel noch sehr genossen, bis sie uns dann irgendwann auch hier eingeholt haben und man nichts mehr außer grauer Suppe gesehen hat. Langsam war ich froh, wenn wir oben endlich ankommen. Wir waren ja dann schon über drei Stunden unterwegs und in den Wolken wird es auch kalt.
Die Totalphütte liegt auf 2385 m und war deutlich kleiner als die Lindauer Hütte. Auch diese war modern und noch recht neu. Wir hatten bei unserer Ankunft Glück noch kurz die Sonnenstrahlen genießen zu können, bevor die Wolken auch hier ihren Raum eingenommen haben. Ich habe noch schnell meine letzten Fotos gemacht, bevor man nichts mehr sehen würde. Das Wetter ist langsam aufgezogen und am nächsten Tag sollte es laut Wetterbericht so richtig regnerisch werden. Regen ist ok, aber bitte kein Gewitter. Der Abend war dann kurzweilig und nett. Man lernt auf der Hütte immer schnell Menschen kennen, vor allem, wenn du mit ihnen an einem Tisch sitzt. Auch hier könnte ich wieder Geschichten erzählen von den Träumen der Menschen dort, ihren Plänen, Gedanken und ihrer Sichtweise auf das Leben. Man kann soviel von anderen mitnehmen.
Für mich war es leider eine sehr kurze Nacht von vielleicht vier Stunden Schlaf. Leider hat mir immer wieder das Licht ins Gesicht geknallt, sobald jemand die Zimmertüre geöffnet hat. Totale Fehlplanung. Das nächste Mal nehme ich definitiv noch eine Schlafmaske mit. Sicher ist sicher! Nach dem Frühstück ging es dann um 8:15 Uhr los. Raus in die nebelige, nasse und schroffe Landschaft. Der Weg führte dann auf einer anderen Route in Richtung Lünersee zurück. Die ganze Zeit hatten wir einen tollen, wenn auch etwas wolkigen Blick auf den See - einfach nur magisch. Und dank des nassem Wetters haben wir auf unserem Weg sicherlich an die 15 schwarzen Alpensalamander in allen Größen beobachten können. Das war schon etwas Besonderes und für mich eine Premiere. Anstatt die Lünserseebahn, eine Gondel, runter zu nehmen, sind wir dann gelaufen - Geld sparen. Der Weg führt dann über den "Bösen Tritt". Hier sollte man sich wirklich nicht "vertreten", da es neben dem Weg steil bergab geht und er sehr geröllig, rutschig und schmal ist. Dank Stahlseil findet man stellenweise immer wieder Halt. Es hat die ganze Zeit genieselt und war froh, als wir dann nach einer weiteren Stunde unten angekommen waren. Unten hat es so richtig das Schütten angefangen. Perfektes Timing würde ich sagen! Dann ging es noch mit zwei Bussen, ein Stück Montafonerbahn und wieder Bus zurück zum Parkplatz. Der Busfahrer hat mich dann noch so nahe wie möglich zu meinen Parkplatz gebracht, wie nett!
Das war der Bericht meiner drei-tägigen Hüttentour, sie sich eher versehentlich so entwickelt hat. Ich möchte abschließend nochmal sagen, wie toll es einfach ist, wenn man sich raus ins Leben begibt, und sich dann reich beschenken lassen kann. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, als wenn es dem Leben Spaß machen würde, einen immer mit so "absurden" Überraschungen zu konfrontieren. Ein Beispiel: Ich wollte meine Tour fortführen und mir wurde nicht nur ein Tippgeber geschickt, sondern später noch ein Pärchen als meine persönliche Eskorte mit reserviertem Bett auf der ausgebuchten Hütte. Und Gérhard, meinen Bekannten aus Kapstadt, möchte ich auch nicht vergessen, der so viel Vertrauen ins Leben ausgestrahlt hat und mir in dieser kurzen Zeit so viele wertvolle Botschaften mitgegeben hat. Wie ein Bote, der mir geschickt wurde, um mich auf meine weitere Tour oder auch ein neues Kapitel in meinem Leben vorzubereiten.
Ich sitze jetzt hier mit meinem Laptop im Café in Feldkirch und fühle mich absolut dankbar, bereichert und kann irgendwie nicht so ganz glauben, dass ich das alles die letzten drei Tage erlebt habe. Die Fotos erinnern mich an meine Erlebnisse, aber sie sind nicht zu vergleichen mit der Faszination oder auch dem Leuchten im Herzen, die ich in diesen Momenten gespürt habe. Manchmal würde ich gerne von oben auf mich Blicken, wenn das Leben mir Geschenke übereicht und ich mit einem verdutzen Gesicht da stehe und es nicht glauben kann, was gerade wieder Herrliches passiert ist.
Was möchtest du gerne noch erleben? Hast du schon mal eine Hüttentour ausprobiert? Welche Momente zaubert in dir ein "Wow" herbei? Kennst du das Gefühl, wenn sich alles glücklich zu fügen scheint und dir alles gebracht wird, was du brauchst? Vielleicht hast du nicht einmal danach gefragt. In welchen Momenten erlebst du so etwas häufiger?
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